2025-09-07 - RC Pyhrn Priel

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Rennbericht Kitzbüheler Radmarathon 2025, 07.07.2025

„Radmarathonluft Schnuppern“
Der Kitzbüheler Radmarathon war mein erster Solo-Radmarathon. Ich habe noch eher wenig Erfahrung mit dem Fahren in der Gruppe, darum waren meine Ziele folgende:
·         heil im Ziel ankommen
·         Erfahrung Sammeln
·         meine Leistung abrufen (diesmal halt über viele Stunden)
·         ausreichend Kohlenhydrate zuführen
·         das Kitzbüheler Horn nach über 200km mit Würde (und halbwegs guten Beinen) bezwingen
Ich habe leider die Frist für die Vorverlegung in die vorderen Startblöcke versäumt. Mein Start war somit 7 ½ Minuten nach der ersten Gruppe. Die Zeitnehmung startet eh erst beim Überqueren der Startlinie, trotzdem war die Chance, im Windschatten der Spitzengruppe mitzuschwimmen dahin. Das war zwar anfangs etwas ärgerlich, aber wahrscheinlich für den allerersten Radmarathon gar nicht schlecht. Ich bin ja auch (noch) nicht der sicherste und schnellste bergab und in der Spitzengruppe mit den ganzen Henkern und Organspendern ist das auch nochmal etwas Anderes. Zumindest habe ich großen Respekt davor.
Jedenfalls würde ich vom vierten und letzten Startblock aus eine Aufholjagd starten müssen.

Vorbereitung
Etwa fünf Tage vor dem Rennen ging bei meiner elektrischen Schaltung der Akku aus. „Tja, selbst schuld, wenn man sie nicht auflädt“ habe ich mir gedacht. Als der Akku nach dem Aufladen über Nacht trotzdem noch leer war bekam ich leichte Panik. An dieser Stelle ein großes DANKE an so viele vom RC Pyhrn-Priel, die mir ihre Hilfe, ihre Ersatzteile und manche sogar ihre Räder angeboten haben!!! Es war dann letztendlich gottseidank nur der Netzstecker vom Ladekabel, also alles in Ordnung!
Diesmal habe ich keine spezifische Vorbereitung gemacht. Lange Ausfahrten über 200km habe ich dieses Jahr schon viele in den Beinen, ich weiß also in etwa wie sich das anfühlt und wie ich es angehen muss. Am Vortag war ich mit meiner Frau die legendäre Streif auf und ab gewandert. Wandern ist für mich nicht unbedingt die beste Vorbereitung, da ich danach meistens tagelang Muskelkater und schwere Beine habe (typisch Radfahrer halt), zum Glück war es diesmal aber nicht so. Am Sonntag um 6:00 stand ich bereits am Start, um zumindest im letzten Startblock weit vorne zu stehen. Der Plan war einfach: Am Anfang eine schnelle Gruppe finden und in der (relativ) flachen Auffahrt zum Pass Thurn möglichst auf vordere schnelle Gruppen aufschließen.
Die Wettervorhersage war perfekt: den ganzen Tag über strahlender Sonnenschein und nicht zu warm. Um 6:30 hatte es in Kitzbühel knackige 9°. Ich entschied mich gegen die Regenjacke und hatte nur ein Halstuch, Ärmlinge und Handschuhe mit.
Mit einem frühen kleinen Frühstück im Magen und 11 Gels in den Trikottaschen stand ich also am Start.

Rennen
Um Punkt 6:37 und 30 Sekunden ging es für mich dann auch endlich los. Und wie! Ich hatte mir gedacht, dass ich schnell loslegen werde, aber nicht sooo schnell! Gleich ca. 15 (über-)Motivierte legten mit Volldampf los Richtung Pass Thurn und ich war mittendrin. Als es dann nach ein paar Kilometern endlich etwas bergauf ging, machte ich auch eine Zeit lang die Spitze. Bis zur Passhöhe wechselten wir uns ungefähr zu fünft ab. Es war etwas intensiver als geplant, aber noch machbar (ca 300w Schnitt). Wir überholten unzählige andere RadfahrerInnen. Nach 19km und 500hm hatte ich an der Passhöhe einen 29er Schnitt! In der anschließenden Abfahrt versuchte ich irgendwie an den schwereren Kollegen dranzubleiben, es waren auch kaum Kurven drin. Ich als Leichtgewicht war auch hier auf den Windschatten von anderen angewiesen. An dieser Stelle ein großes Kompliment an die Veranstaltenden, es war perfekt organisiert! Vor allen Gefahrenstellen stand jemand, um uns vorzuwarnen und auf allen Kreuzungen waren Polizei und/oder Feuerwehr vor Ort, die den Verkehr für uns regelten.
Ich schaffte es in Mittersill wieder zurück in die große Gruppe und es ging weiter Richtung Gerlos-Pass. Als es zum ersten Mal steil wurde (>10%) fielen sehr viele zurück. Ich versuchte einfach, mein Tempo zu fahren ohne zu viel auf andere zu achten. Ein paar andere fuhren dann in meinem Tempo mit. Ich merkte, dass sie um einiges schneller atmeten als ich. Sowas gibt einem immer Selbstvertrauen! Nach dem Ort Gerlos ging es in die erste steilere Abfahrt mit Serpentinen. Hier merkte ich, dass ich bergab bei weitem nicht der langsamste war, wie ich es befürchtet hatte. Ich überholte sogar immer wieder jemanden, aber wir blieben grundsätzlich relativ geordnet in der Gruppe beisammen um im nächsten Flachstück durchs Zillertal zusammenzuarbeiten. Wie zuvor übernahm ich dort auch immer wieder kurz etwas Führungsarbeit, ohne mich zu sehr zu verausgaben.
Der nächste Anstieg war der Kerschbaumer Sattel. Von vielen aufgrund seiner Steilheit als das „kleine Horn“ bezeichnet. Ich fühlte mich gut und versuchte, auf eine vordere Gruppe aufzuschließen. Das gelang mir schneller als erwartet und ich hatte mich weit von meiner ursprünglichen Gruppe entfernt. Ich überholte viele andere und war dann auf der engen, technischen Abfahrt ziemlich allein. Da ich die Strecke gar nicht kannte, verlor ich hier etwas Zeit auf einen vor mir Fahrenden. Die nächsten 100km über mehrere Anstiege und Abfahrten Richtung Brandenberg und anschließend zurück nach Kitzbühel war ich entweder ganz allein oder in kleinen Gruppen mit bis zu fünf Leuten, von denen aber nicht alle Führungsarbeit machten. Etwa 10km vor Kitzbühel holte mich eine große Gruppe wieder ein. Hier sah ich viele wieder, die ich am Kerschbaumer Sattel weit hinter mir gelassen hatte. Das war ziemlich frustrierend, ich hatte so viel investiert, um nach vorne zu kommen. Die Belohnung blieb aus, der Preis war hoch: ich war ehrlich gesagt ab km 190 ziemlich leer. An etwa dieser Stelle ging auch meine Verpflegung zur Neige. Ich war bis hierhin noch kein einziges Mal stehen geblieben. Weder für eine Ampel oder einen Bahnübergang noch zum Wasser lassen oder Nachfüllen. Das war bis dahin einfach noch nicht nötig/wichtig genug gewesen. Ich entschied mich trotzdem, bis ins Ziel durchzufahren und hoffte insgeheim auf eine Wasserflasche vom Straßenrand. Ich schwamm also die letzten 10km gemütlich mit der Gruppe mit und bereitete mich mental auf den letzten Anstieg auf das Kitzbüheler Horn vor: 800hm, 13% durchschnittliche Steigung, max. >22%!! Ich hatte die Befürchtung, an der steilsten Stelle absteigen zu müssen. Das wollte ich auf keinen Fall!
Vor dem Kitzbüheler Horn versuchten viele, sich vorn in der Gruppe zu positionieren. Ich fand das relativ sinnlos: Wenn man gute Beine hat, kann man sich bergauf noch gut positionieren und dann aufschließen, bei 13% Steigung macht der Windschatten kaum einen Unterschied. Ich dachte mir: „Die müssen alle noch gute Beine haben und attackieren gleich alle voll los und lassen mich stehen“. Wir bogen schließlich in die Panoramastraße ein. Das komplette Gegenteil war der Fall: Ich ließ sie alle stehen und zwar deutlich, dabei fühlte ich mich wirklich nicht gut! Der Leistungsmesser zeigte nur Grundlagenwerte an, die Herzfrequenz ging nicht über 165! Meine Beine schmerzten stark und mir gingen die Gänge aus. Ich schaute zurück: Niemand war mehr hinter mir! Ich war komplett verblüfft und konnte es nicht glauben! Wäre ich diesen Anstieg in meinem Zustand alleine ohne Rennsituation gefahren, wäre ich wahrscheinlich umgekehrt! Aber am Straßenrand waren immer wieder ZuschauerInnen, die uns alle anfeuerten, da konnte man dann irgendwie doch nicht aufhören zu treten. Außerdem sah ich, dass es allen anderen viel schlechter ging als mir. Jede/r fuhr Schlangenlinien, um die Steigung zu reduzieren, ich nicht. Einige stöhnten bei jedem Tritt laut auf vor Schmerzen. Ich kam mir nicht mehr wie in einem Radrennen vor. Dieser Überlebenskampf hatte einfach nicht mehr allzu viel mit Radfahren zu tun! (Ich übertreibe hier bewusst ein klitzekleines Bisschen, dass man sich meine Gedanken in diesem Moment etwas besser vorstellen kann!)
Ich quälte mich also mit ca. 50 Trittfrequenz die Straße hinauf und überholte dabei viele. Etwa zur Mitte des Schlussanstiegs wurden meine sehnlichsten Wünsche erhört und ein Zuschauer bot mir vom Straßenrand frisches Wasser an. Das war unglaublich! Vielen Dank dafür, das war der beste Schluck Wasser meines Lebens!
Ich wollte einfach nur noch möglichst schnell ins Ziel kommen! Die steilste Stelle, vor der ich mich gefürchtet hatte, war dann nur ganz kurz und eigentlich gar nicht schwerer als der Rest des Anstiegs. Wäre da kein Schild gestanden, hätte ich es gar nicht gemerkt. Jede Innenseite der Spitzkehren war steiler! Ich versuchte am Schluss noch mal alles aus mir herauszuholen und war sehr gerührt, als mich meine Frau eine Kurve vor Schluss wie wild anfeuerte! Danke Steffi!
Ich endete sogar mit etwas, das man fast „Zielsprint“ nennen konnte und war auf der Ziellinie froh, es endlich geschafft zu haben.

Meine Zeit: 6:48h
Durschnittsleistung: 235w (normalized 259w)
Energieverbrauch ca. 5760kcal
Zugeführte Kohlenhydrate: ca 90-100g/h (zum Glück ohne Magenprobleme)

Damit war ich zufrieden. Ich hatte keine Ahnung auf welcher Position ich gelandet war, es war mir auch relativ egal! Ich war ja nicht gekommen, um vorne mitzufahren. Ich rechnete mit einem Platz um die 100, letztendlich war es doch der 38. Gesamtrang. Nicht schlecht! Nächstes Jahr freue ich mich aber dann auf den ersten Startblock!

Nach dem Rennen
Nachdem meine Frau und ich beide am nächsten Tag wieder arbeiten mussten, warteten wir nicht bis zur Siegerehrung, sondern fuhren recht bald mit der Seilbahn ins Tal und suchten uns ein Lokal. Alle die mich kennen, wissen auch über meinen gesunden Appetit Bescheid. Wieviel glaubt ihr hab ich gegessen? Tja… es war abnormal!
Es war abnormal, dass ich nach fast 6000kcal Verbrauch kaum etwas essen wollte. Meine Verdauung hatte offensichtlich auch eine Höchstleistung vollbracht und wollte Ruhe und Erholung! Ich wusste aber, dass ich was essen musste und zwang mich mehr oder weniger dazu. Das Hinunterwürgen des Gulaschs mit Semmelknödel dauerte mehr als eine halbe Stunde! Die letzten Bissen fühlten sich mental ähnlich schwer an wie die letzten Kilometer aufs Kitzbüheler Horn!

Gelernte Lektionen:
·         Fristen beachten und sich früh genug drum kümmern! (wichtigste Lektion!)
·         Einmal stehen bleiben und Wasser nachtanken und lassen ist erlaubt und sinnvoll!
·         Bergabfahren war ganz gut, hat aber noch viel Luft nach oben
·         Verpflegung geht auch noch besser
·         keine Angst vor Abfahrten und hohen Steigungsprozenten haben
·         evtl. kleinere Gänge
·         den Tag danach frei nehmen und nicht um 4 Uhr in der Früh mit dem Rad 45km in die Arbeit fahren! (zweitwichtigste Lektion!)

Highlights
·         Organisation des Radmarathons
·         Blick auf den Großvenediger an der Auffahrt zum Gerlos-Pass
·         Die Anfeuerungen am Straßenrand (vor allem am Kerschbaumer Sattel und Kitzbüheler Horn)
·         Das meine Steffi im Ziel auf mich wartete und sich mit mir freute (schönstes Highlight)
·         Dass so viele mir vorher die Daumen gedrückt und mir nachher gratuliert haben (zweitschönstes Highlight)
·         Die Hilfsbereitschaft innerhalb des Vereins RC Pyhrn-Priel (auch zweitschönstes)

Danke fürs Lesen!
Thomas
 
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