2025-07-24 - RC Pyhrn Priel

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Das Dachsteinblick-Bergzeitfahren 2025 in Nußdorf am Attersee war mein erstes echtes Einzelzeitfahren.

Vorbereitung
Ich kannte die Strecke nur vom Papier (oder besser gesagt von Strava). Mein Motto vor jedem Rennen ist: „Wenn ich dabei bin, dann voll und ganz“, also war ich schon zwei Stunden vor dem ersten Starter im nieselverregneten (aber trotzdem schönen) Nußdorf am Attersee, um die Strecke einmal abzufahren. Das gab mir vor allem Sicherheit. Es ist nie ein Nachteil zu wissen, welche Steigung wann kommt, wo man gas geben und zurücknehmen kann (wobei man bei der kurzen Streckenlänge von rund 4km und 270hm eh fast immer Vollgas geben muss).
Zum Glück habe ich ein Wetterfenster erwischt, bei dem ich nicht völlig durchnässt wieder zurück zum Auto kam, wo ich dann mein Rad vorbereitete. Das heißt bei einem Bergrennen alles runter und raus aus den Trikottaschen was unnötiges Gewicht hat:
·         Flaschenhalter - keine Kapazitäten zum Trinken, da man mit nach Luft ringen beschäftigt ist
·         Luftpumpe und Pannenzeug - Bei einem Patschen ist das Rennen sowieso gelaufen, also erst gar nicht mitnehmen
·         Front und Rücklicht - Hoffentlich überholt einen eh keiner
·         Klingel - ja ich habe tatsächlich eine - weg damit, zur Not rufen
·         vorher aufs Klo gehen!

Obwohl es oben im Zielbereich einen Parkplatz gab entschied ich, das Auto unten stehen zu lassen, damit ich, falls es nicht fürs Podest reicht, früher heimfahren könnte. Außerdem würde ich bei der Abfahrt vor meinem Start von dem Wasser auf der Straße nass werden und auskühlen. Ich ging sogar so weit, dass ich Geldtasche, Schlüsselbund und Handy im Auto ließ. Mein Cervelo S5 war also so leicht wie es nur irgendwie ging und ich auch, in meinen Trikottaschen waren lediglich der Autoschlüssel, ein Geldschein und meine - zum Glück sehr leichte – Regenhaut (50g extra Renngewicht, dafür verkühlt man sich nach dem Rennen nicht). Außerdem hatte ich zwei Tage vorher begonnen, weniger zu Essen, um mein Renngewicht zu erreichen. Ich war nämlich am Mittwoch zwei Kilogramm schwerer als erhofft. Am Donnerstag, dem Tag vor dem Rennen aß ich nur leichte Kohlenhydrate und am Renntag selbst hatte ich wegen einer gewissen Anspannung sowieso wenig Appetit. Tatsächlich konnte ich die zwei Kilo dadurch verlieren, ohne mich dabei energielos zu fühlen.
Ich weiß, was sich alle, die bis hierher gelesen haben jetzt denken:
Warum tut man sich das alles an? Das bringt doch alles kaum etwas! Es ist ja nur ein Hobby-Rennen! etc…
Um die Antwort zu erfahren, bitte weiterlesen!
Das war übrigens noch nicht alles an Kleinigkeiten. Ich sah, das andere Teilnehmer*Innen die Startnummer aerodynamisch optimierter angebracht hatten als ich. Ich nahm also ein Isolierband und klebte den Papierfetzen etwas nach hinten, um den Luftwiderstand zumindest ein bisschen zu reduzieren.
All diese Kleinigkeiten mögen lächerlich erscheinen, wenn man sie aber alle addiert, machen sie definitiv einen Unterschied! Und selbst wenn es nur für die Psyche ist, bringt es einem etwas.
Ich blieb den Rest der Zeit im Auto, um warm und trocken zu bleiben. Ungefähr 20 Minuten vor meiner Startzeit um 18:50 (Startnummer 50) quetschte ich mir dann ein Energiegel hinein, fuhr zum Aufwärmen einen kleinen benachbarten Hügel hinauf und entleerte mich noch einmal (jedes Gramm - und jedes Tröpferl – zählt 😊 ).
Auf dem weg zum Start sah ich plötzlich einen Burschen im selben Vereinstrikot wie ich. Es war Julian Schiemer, wir kannten uns bisher noch gar nicht persönlich. Wir unterhielten uns nur kurz, ich war ja gleich an der Reihe.

Rennverlauf
Was gibt es zu meiner Fahrt groß zu sagen? Nicht viel… Ich war komplett im Tunnel. Der Fokus galt anfangs nur meinen Wattzahlen und den Hinterrädern der StarterInnen vor mir, von den ich einige ein- und überholte. Im Bergrennen auf die Hutterer Höss habe ich gelernt, anfangs nicht nach Gefühl, sondern nach Leistung zu fahren. Offenbar trete ich unter erhöhtem Adrenalinspiegel gerne etwas zu euphorisch in die Pedale, was ich dann später bereue. Der Puls ist bei mir in der Rennsituation sowieso immer irgendwo jenseits von gut und böse, den ignorierte ich also. Ab der letzten engeren Rechtskurve gab es keine Wattzahlen mehr, da gab es nur noch Treten und Schnaufen (siehe Bild). Am letzten steileren Stück war noch jemand vor mir, den ich unbedingt einholen wollte. Das gab mir nochmal extra Motivation für den Zielsprint. Mit meiner zweithöchsten jemals beim Radfahren gemessenen Pulsfrequenz (trotz den kühlen Bedingungen) bretterte ich über den Zielstrich und fuhr vor lauter Laktat im Blut kurz danach fast jemanden über den Haufen.

Das Warten
Nachdem ich wieder klar denken konnte, erfuhr ich meine Zeit: 10:30. Ich wusste, dass der Sieger Rene Pammer aus dem Vorjahr unter 10 Minuten gefahren war. Trotzdem war ich zufrieden, der ist sowieso mehrere Klassen besser als ich.
Ich wartete nun gespannt gemeinsam mit der schnellsten Dame am Leader-Chair die restlichen 43 Starter*Innen ab. Dabei war ich fasziniert von den Burschen, die mindestens 10kg mehr auf die Waage brachten und trotzdem nicht viel langsamer waren als ich.
Mit Startnummer 83 kam Tobias Stadler ins Ziel, seinen Namen hatte ich von der Höss in Erinnerung. Seine Zeit 10:31! Eine einzige Sekunde hatte ihm gefehlt. Gerade jetzt war ich froh über meine akribische Vorbereitung. Ich hätte wohl kaum schneller sein können, da ich mich voll verausgabt hatte. Wenn ich auch nur eine der oben beschriebenen Maßnahmen ausgelassen hätte, wäre ich wohl Zweiter gewesen.

Die Fahrt zum Auto
Ich musste direkt nach der Siegerehrung mit zwei großen Holztrophäen im Trikot in der Dämmerung bei nasser Fahrbahn runter zum Auto fahren. Licht hatte ich ja abmontiert. Egal, alles gut gegangen! Ich hatte nicht mit dem Sieg gerechnet.
Thomas Kronsteiner

Daten
·         Zeit: 10:30
·         Ø Leistung: 390W bei ca. 65kg
·         Ø Geschwindigkeit: ca. 23,5km/h, maximal 38+km/h

     
     
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