Tatsächlich war der Mondsee-RM für mich von Anfang an eine
verkorkste Partie. Es waren zwar gelegentlicher Regen, aber auch Temperaturen
bis 20 Grad angesagt. Das ließ eigentlich auf ein angenehmes Wetter für einen
langen Radmarathon schließen. Bei der Anreise war es bis Regau auch trocken, in
Mondsee hatte es sich aber vor dem Start richtig eingeregnet.
Nach dem Abholen der Startunterlagen hatte ich schon nasse
Zehen, das Einfahren beschränkte ich mangels adäquater Kleidung (keine
Regenjacke, keine Überschuhe) auf ein Minimum von 3,5 km. Das reichte aber
schon, um gut vorgespült zu sein. Nach der neuen Schleife über Hof und Fuschl
nach St. Gilgen zog es gleich einmal einer aus der Spitzengruppe vor, beim
Kreisverkehr wieder nach Mondsee zurückzufahren, und man konnte es ihm nicht
verübeln. Ich musste nach St. Gilgen (wegen des vielen Regens?) erst einmal
Pinkeln, bis kurz vor der Abzweigung zur Postalm hatte ich die rund 35 Mann an
der Spitze aber wieder eingeholt. Das beste am langen Anstieg war, dass mir
endlich einmal richtig warm wurde. Die Postalm erreichte ich in einer Dreiergruppe
bei knackigen 6 Grad um Rang 10 mit rund 3 Minuten Rückstand, in der folgenden
Abfahrt habe ich dann aber vermutlich mehr verloren. Durch die Nässe und den
Nebel hatte ich mit meinen Radbrillen mit Clip-in kaum Sicht, ohne Brillen sehe
ich aber in etwa so gut wie ein Maulwurf. Zudem hatte ich auf den Carbonfelgen
kaum Bremswirkung und dementsprechend langsam tastete ich mich hinab. Unten
angekommen war zuerst wieder Pinkeln angesagt und ein wenig die gefrorenen und
verkrampften Finger lockern, wirklich aufgetaut sind sie dabei aber nicht.
(Draufpinkeln wäre vielleicht die Lösung gewesen, daran habe ich aber zu dieser
Zeit nicht gedacht.)
Über den Pass Gschütt fand ich Unterschlupf in einer
7er-Gruppe, hinab nach Gosau musste ich diese aber mangels Bremswirkung auch
ziehen lassen. Völlig ausgefroren und frustriert stieg ich zum dritten Mal von
Rad und versuchte mein Handy aus der Rückentasche zu fischen. Ich wollte meinen
Bruder bitten, dass er mir entgegenfährt und mich abholt. Leider hatte ich es aber
im Auto liegen lassen und so fuhr ich notgedrungen und - nachdem mittlerweile
alle aus der vorderen Gruppe vorbei waren - mutterseelenallein weiter. Nach Bad
Goisern, etwa zur Hälfte der Distanz, pausierte ich auf einem Parkplatz, um
mich zu verpflegen. Wegen der klammen Finger schaffte ich es während des
Fahrens nämlich einfach nicht, mir einen Riegel aus der Trikottasche zu holen.
Und da ich nun vorhatte, von Unterach gleich direkt nach Mondsee zu fahren und
mir den Rest der Runde zu sparen, montierte ich gleich einmal die
Lenkerstartnummer ab und entsorgte sie im Mistkübel.
Während ich noch beim Entsorgen unnötiger Dinge war,
rauschte eine 15er-Gruppe vorbei, die ich mit ein wenig Anstrengung einholen
konnte. Bis Unterach war es dann aber durchwegs trocken und schön langsam taute
ich wieder auf. Wie bei einer Eidechse kamen mit den ersten Sonnenstrahlen die
Lebensgeister zurück und ich nahm doch nicht die Abkürzung nach Mondsee. Auf
dem letzten langen Anstieg nach Lichtenberg konnte ich mich aus der Gruppe
lösen und holte sogar wieder vereinzelt Fahrer ein, die vorne explodierten.
Kurz vor der Kuppe wurde ich dann von einem Fahrer aus dem Startblock B
eingeholt, der zweifellos auch in der Spitzengruppe eine sehr gute Figur
gemacht hätte. Dank seiner Bärenkräfte schafften wir es, auf den letzten 20
Kilometern die Gruppe hinter uns auf Distanz zu halten, und so trudelte ich mit
33 Minuten Rückstand als 29. im Ziel ein.
Und das Resümee von der Geschichte: Für mich war es das
bisher schlechteste (und schwierigste) Rennen in diesem Jahr. Wenn es für den
Landesmeister reicht, freut mich das natürlich sehr. Aber ich verdanke das dann
weniger meiner tollen Leistung, sondern eher glücklichen Umständen. Oder in
Anlehnung an ein Zitat: Wenn die Sonne tief steht, werfen selbst Zwerge einen
langen Schatten.
LG
Walter