27.08.2020 Der Ötztaler in Zeiten der Corona-Pandemie
Dass heuer wegen der Corona-Pandemie kein Ötztaler
Radmarathon stattgefunden hat, heißt nicht unbedingt, dass man auf die
legendäre Runde durch Nord- und Südtirol verzichten muss. Nachdem ich letztes
Jahr für den Klassensieg in der M50 einen Aufenthalt in Sölden gewonnen hatte,
habe ich mich ein paar Tage in Sölden aufgehalten und am 27.08. bei bestem
Spätsommerwetter meinen „persönlichen Ötztaler 2020“ ausgetragen.
Da es vor 7:00 Uhr im Hotel kein Frühstück und es auch sonst
keinen Stress gab, startete ich um Punkt 08:45, also 2 Stunden später als beim
offiziellen Rennen, an der BP-Tankstelle im Ort bei immer noch knackigen etwas
unter 10 Grad. Ausgestattet war ich wie bei allen längeren Ausfahrten nur mit
dem, was aufs Rad oder in die Trikottaschen passt: 2 große Trinkflaschen, 6
Riegel, 3 Gels, etwas Geld, Handy und den besonderen Umständen geschuldet war diesmal
auch der Reisepass dabei.
Bis Oetz zieht es sich so ganz allein und im Vergleich zum Rennen
im Vorjahr waren gleich einmal 7 Minuten weg. Hinauf zum Kühtai war es dann
etwas kurzweiliger, denn da habe einige Radler eingeholt, die ebenfalls die
große Schleife fahren wollten. Nach knapp 1:50 Stunden hatte ich den ersten
Pass geschafft und weitere 7 Minuten zum Vorjahr eingebüßt. Allerdings hatte ich
im Vorjahr aufs Kühtai schon das Messer zwischen den Zähnen, um den Anschluss
an die Spitze zu schaffen.
Die meiste Zeit im Vergleich zum Rennen blieb dann auf dem
Weg nach Innsbruck (12 Minuten) und anschließend hinauf zum Brenner (mehr als 15
Minuten) liegen. In diesem Abschnitt profitiert man von einer Gruppe, die gut
läuft, doch am meisten. Trotzdem ging sich die Überfahrt am zweiten Pass, wo
man mit 122 km schon gut die Hälfte der Strecke – aber leider nicht die Hälfte
der Höhenmeter - hinter sich hat, noch knapp unter 4 Stunden aus. Außerdem sah
ich in einiger Entfernung ein Grüppchen Radfahrer, die sich auf den Weg nach
Sterzing machte, verlor diese aber bald aus den Augen. Zudem hatte ich in
Gossensaß eine kurze Schrecksekunde. Vor einer Engstelle blieb abrupt ein
Wohnmobil stehen und ich wäre fast auf des Auto dahinter geknallt. Nachdem sich
das Anhalten nicht mehr ausgegangen ist, habe ich mich schmal gemacht und bin
noch schnell zwischen Wohnmobil und Gegenverkehr durchgerauscht.
In der Auffahrt zum Jaufenpass, da wo der Ötztaler eigentlich
erst richtig beginnt, fuhr ich zu einem Fahrer im Trikot des RC Pielachtal auf,
der die Pyhrn-Priel-Dress erkannte und meinte: „Der Toni is eh da vorne.“ Toni
befand sich an diesem Tag mit einigen Kollegen vom RC Pielachtal ebenfalls auf
der Ötztaler-Runde und genau das war das Grüppchen, das ich schon am Brenner
gesichtet hatte. Allerdings hatten sie es mehr als Genusstour angelegt und
nicht so eilig wie ich. Nach 5:27 Stunden, eine gute ¾ Stunde langsamer als im
Rennen, war ich am Jaufenpass, wo erst einmal eine Pause angesagt war, denn die
zwei Liter Getränke waren zu Ende.
Kurioserweise verlor ich dann in der Abfahrt mit über 7
Minuten sogar mehr Zeit als in der Auffahrt zum Jaufenpass (Auffahrtszeit 62
Minuten). Aber neben den fehlenden Gruppen sind Baustellenampeln sowie Autos
und LKWs, die einen bergab etwas aufhalten, wohl der größte Unterschied zum echten
Ötztaler.
Dafür war ich unten gut erholt und konnte aufs Timmelsjoch
noch einmal Gas gegeben. Eine Auffahrtszeit unter 1:50 Stunden macht sich auch beim
echten Ötztaler nicht schlecht und ich war damit nicht einmal 3 Minuten
langsamer als im Vorjahr. Nach einer Fotopause am Timmelsjoch, wo zwischen
mehreren Radfahrern die Handys für Erinnerungsfotos weitergereicht wurden,
gings hinab nach Sölden. Mit einer Nettozeit von 8:16:39 erreichte ich rund 1
Stunde über der Rennzeit vom Vorjahr (7:15:55) mit dem letzten Tropfen in der
Flasche und einem letzten Gel im Trikot die Ötztal-Arena. Dazu kommen dann noch
etwa 20 Minuten Stehzeiten, wobei ich schätze, dass etwa die Hälfte auf
Baustellen, Ampeln und den Verkehr zurückzuführen ist und die andere Hälfte die
eigenen Pausen waren.
Trotz der fehlenden Wettkämpfe wäre es durchaus interessant
gewesen, was heuer im Rennen herausgeschaut hätte. Aber angesichts des
angesagten starken Regens fürs Wochenende und der prognostizierten
Schneefallgrenze gegen 2.500 m war ich froh, nicht am 30. August beim echten
Ötztaler starten zu müssen. Und noch einen Vorteil hatte die marathonlose
Saison 2020: Es blieb auch Zeit für andere verrückte Sachen, die während einer Rennsaison
eher kontraproduktiv wären. Z.B. absolvierter ich im Juli eine 500-km-Ausfahrt
(Fahrzeit 15:19 Stunden) für unser Charity-Projekt mit der Partnerschule in
Kenia und drehte im Juli nochmals meine frühere Alpenbrevet-Vorbereitungsrunde
mit 417 km (Fahrzeit 13:17 Stunden) von Kirchdorf nach Graz und retour (Hengstpass,
Präbichl, Graz, Gaberl, Triebener Tauern, Pyhrnpass), die ich zuletzt vor 5
Jahren einmal gefahren bin.