Am 02. September nahm ich zum nunmehr bereits 9. Mal am
Ötztaler Radmarathon teil. Ermöglicht wurde die diesjährige Teilnahme erst
durch die Startplatzübertragung von Rosemarie, bei der ich mich an dieser
Stelle recht herzlich bedanken möchte. Aber alle anderen, die keinen Startplatz
ergattern konnten, kann ich beruhigen, sie haben an diesem Wochenende nicht
viel verpasst.
Das Ötztal-Wochenende startete für mich schon am Freitag,
31.08. mit dem erstmals ausgetragen Prolog „Bike4Help“. Die Anreise gestaltete
sich etwas mühsam, denn Grenzkontrollen am Walserberg, zahlreiche kleinere
Staus und einsetzender Regen erhöhten die Fahrzeit von geplanten vier auf fast
5 ½ Stunden. Gerade noch rechtzeitig vor Ende der Startnummernausgabe erreichte
ich die Freizeitarena und durfte um 15:04 als fünfter Teilnehmer auf den 1,2 km
langen Parcours mit 129 Höhenmetern. Mit ziemlich enttäuschenden 4:42,2 (Rang
22) riss ich mehr als eine Minute Rückstand auf Daniel Federspiel (3:36,7),
seines Zeichens Eliminator-Weltmeister und im Vorjahr Teilnehmer am Pro
Oetztaler 5500, auf. Ein bei diesem Regen in den Steilstücken durchgehendes
Hinterrad verhinderte eine bessere Zeit und kostete nur unnütz Kraft.
Am Samstagvormittag besorgte ich mir die Salzburger
Nachrichten, einerseits als Lesestoff bei diesem trüben Wetter, anderseits ganz
einfach zum Ausstopfen der nassen Schuhe. Kurz nach Mittag hörte der Regen dann
aber auf und es trocknete sogar die Straße ein wenig auf. Pünktlich zum Start
meiner lockeren Ausfahrt setzte der Regen wieder ein und nach einer Stunde bei
9 Grad war ich ordentlich durchgespült und reif für eine heiße Dusche.
Am Sonntagmorgen war es zwar mit 7 Grad etwas kühl, aber
fast trocken. Nur ein leichtes Niesel, das aber bald aufhörte, begleitete mich
zum Start – dank Vorjahreszeit aus Block 1 –, und bis nach Ötz blieb es auch
trocken. Gleich nach Beginn des Anstiegs auf des Kühtai hatte ich eine kurze
Schrecksekunde. Unmittelbar vor mir verhakten sich zwei Fahrer und legten sich
auf die Straße. Gott sei Dank kommt man bergauf schnell zum Stillstand und mit
einer kleinen Trageeinlage über den Gehsteig konnte ich dem Hindernis
ausweichen. Nach drei Versuchen hatte ich auch wieder beide Schuhe in den
Pedalen und machte mich daran, die Hundertschaften, die vor mir waren, mit der
Disziplin Bergaufslalom aufzurollen. In der Zwischenzeit hatte wieder Regen
eingesetzt und auch auf dem Weg zum Kühtai war ich gelegentlich mit dem Problem
von zu wenig Grip auf dem Hinterrad konfrontiert. Für die kommenden Abfahrten
auf nasser Straße waren die rutschigen Reifen aber nicht gerade in der
Kategorie „vertrauensbildende Maßnahmen“ einzuordnen.
Das Kühtai erreichte ich bei 4 Grad nach genau 1:40 Stunden
zeitgleich mit einem alten Bekannten, nämlich Helmut Puchwein (Radsport Vasold Liezen),
der aus Startblock 2 (hier gilt die Nettozeitnahme) gestartet war. Ein
wesentlicher Unterschied zwischen mir und Heli ist zweifellos, dass er das
Bergabfahren beherrscht und ich nicht. Wie ein Kamikazepilot schoss er
hinunter, weitere Oberrohr-Artisten, bei denen ich keine Chance hatte, den
Windschatten zu halten, folgten hinterdrein. Aus meiner „eingeschränkten Sicht“
das Beste an der Abfahrt waren die Tunnelgalerien, denn da war es trocken,
ansonsten war die Sicht mit beschlagenen Brillen nämlich durchaus bescheiden.
Bis Innsbruck büßte ich so 2:40 Minuten ein, die bergauf erst wieder einmal
zurückgeholt werden wollten. Das erste Gel, das ich aus der Rückentasche
fischte, klatsche wegen der klammen Finger gleich einmal auf den Asphalt.
Richtung Brenner begann es wieder stark zu regnen und nach 3:34 Stunden
erreichte ich die Passhöhe. Wie ich im Nachhinein aus den Durchgangszeiten
herausgelesen habe, lag ich zu diesem Zeitpunkt in der Klasse M2 (ab 50) auf
Rang 6, wobei ich von den wenigsten wusste, welcher Altersklasse sie
angehörten. Überlegen in Front war hier der Italiener Davide Tugnoli (3:26) vor
seinem Landsmann Guiseppe Bovo und Paul Lindner (je 3:33). Einen Rang hinter
mir lag der Vorjahressieger der M2, Roedi Weststrate (NL, 3:35), von dem ich
aber bis zur Siegerehrung nichts wusste.
Beim Anstieg zum Jaufenpass orientierte ich mich an Guiseppe
Bovo (dem ich die Altersklasse ansah) und der ein ordentliches Tempo anschlug.
Im oberen Bereich musste ich aber schon etwas zurückstecken, die Auffahrtszeit
von 58:39 reichte aber gerade noch, um Heli Puchwein wieder einzuholen. Er
schien mir von Nässe und Kälte schon etwas gezeichnet, was bei seiner geringen
biologischen Wärmedämmung (Fettanteil) auch nicht weiter verwundert. Davide
Tugnoli verlor in der Auffahrt 11 Minuten und lag auf der Passhöhe bereits
hinter uns. Oben versuchte ich möglichst schnell in die Abfahrt zu kommen, um
zumindest einigermaßen mithalten zu können. Im oberen Bereich gelang mir das
auch halbwegs, doch dann folgte eine weitere Schrecksekunde. Im dichten Nebel
hätte ich fast eine Haarnadelkurve verpasst, dank der guten weißen
Seitenmarkierung konnte ich aber sprichwörtlich gerade noch die Kurve kratzen.
Im unteren Bereich verlor ich in den engeren Kurven dann immer mehr Zeit auf
meine Gruppe und hatte unten gleich wieder Stress, um möglichst schnell wieder
heranzukommen. Bei der Zwischenzeit nach St. Leonhard lag ich – auch wenn ich
davon nichts wusste – in der Klasse M2 mit 1:20 Minuten Vorsprung auf
Weststrate in Front, denn auch der Italiener Bovo lag da bereits hinter dem
Niederländer. Mangels Verpflegung in der Abfahrt war ich zu diesem Zeitpunkt
aber etwas unterversorgt und musste zwangsweise etwas herausnehmen. Nach einem
Zwischenstopp für Pinkeln und Verpflegen hatte ich bis zur Labe Schönau 3
Minuten Rückstand auf den Niederländer aufgebaut und auch Heli Puchwein, den
ich am Beginn des Anstiegs schon überholt hatte, war kurzfristig wieder
gleichauf mit mir. Bis zur Passhöhe konnte ich zwar noch eine Minute auf
Weststrate und vier Minuten auf Heli aufholen, für mehr hat es aber nicht mehr
gereicht.
Am Ende hatte ich als 2. der Klasse M2 2:48 Minuten
Rückstand auf Weststrate, der sich das Rennen optimal eingeteilt hatte. Ob ich
mit ihm mithalten hätte können, lässt sich im Nachhinein nicht mehr klären, und
ein Podiumsplatz beim Ötztaler ist zweifellos etwas ganz Besonderes! Es hätte
ja auch ganz anders kommen können, denn Bovo büßte am Ende 18 Minuten, Tugnoli
20 und Paul Lindner 35 Minuten auf den Niederländer ein. Und das Wichtigste ist
sowieso, einfach nur heil ins Ziel und auch gesundheitlich halbwegs fit davon
gekommen zu sein. Der Garmin zeigte am Ende, nachdem das Wetter auch in
Südtirol nicht wesentlich besser war, eine Durchschnittstemperatur von 8,7 Grad
(Minimum 4°, Maximum 13°). Bei diesen feuchten Verhältnissen könnte es sich
dabei aber auch schon um die gemessene Wassertemperatur handeln.
Es waren nicht ganz meine Verhältnisse, ich denke aber, dass
ich mich ob meiner eher bescheidenen Fähigkeiten bergab mit Anstand aus der
Affäre gezogen habe. Die Wetterverhältnisse forderten zahlreiche Opfer, und so
konnte sich diesmal wirklich jeder Finisher als Sieger fühlen. Insgesamt gaben
von den ca. 4.100 Startern etwa 600 Fahrer das Rennen auf. So musste z. B. auch
Prologsieger Daniel Federspiel (2016 mit 7:08 auf Rang 7) am Timmelsjoch Federn
lassen und stieg aus. Und eines lässt sich auch nicht leugnen: Ich verfüge
nicht mehr ganz über das Leistungsvermögen wie z.B. vor 10 Jahren, als ich
ziemlich unbekümmert mit einem Alurad in der Spitzengruppe bis über den Brenner
fuhr und am Ende nach 7:25 Stunden als viertbester Österreicher auf Rang 17 in
Sölden eintraf.